Marokkanische Freundschaften


Mein Marokko im Sommer

Berge

Weite

Das Wesentliche

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Singen

Lachen

Gemeinschaft

 

 

 

 

Danach: Deutschland!

 

Ohne den intensiven Kontakt mit meinen marokkanischen Freunden, hätte ich angefangen mein Glücksgefühl im Hohen Atlas als einen typischen Urlaubseffekt abzutun. Ich hätte meinen Vorsatz, mich Marokko und seinen Menschen zuzuwenden als nette Idee abgetan. Mein bisheriges Leben hätte ich noch einige Jahre länger, in mehr oder weniger vorgezeichneten Bahnen weitergeführt und versucht, meine Nischen im deutschen Alltag – meine „Lebenskompromisse“- zu finden.

Aber mal ehrlich: Wer will schon „Kompromisse“ leben?
Ich möchte am Ende nicht sagen müssen: Mein Leben war ein einziger großer Kompromiss.

 

In der ersten Zeit bestärkten mich Zaid – den ich aus dem Urlaub in Marokko kannte – und Abdel, mein Sprachlehrer, in meinem Entschluss, nach Marokko zu gehen. Sie halfen mir über die Zeiten, in denen sich die „deutsche Schwere“ über mich breiten wollte.

 

Diese(s) deutsche Schwere, kennt ihr diese auch oder geht es nur mir so?
Wenn sich alles so grau anfühlt und starr, einfach weil die Lebendigkeit, das Unerwartete und Spontane nicht mehr vorgesehen ist. Wenn das deutsche Denken sich so unnötig verkomplizierend gestaltet. Wenn man schreien will und sagen: „Ihr macht euch Gedanken über Dinge, die überhaupt nicht wichtig sind. Das ist vergeudete Lebenszeit.“

Das Schlimme daran:

Ich bin Teil dieses Systems
und dieses Denken ist auch ein Teil von mir.
Ich kann mich dem hier nicht entziehen.

 



Meine marokkanischen Freunde waren es, die mir halfen, diese deutsche Schwere nicht als die einzig reale oder mögliche Welt wahrzunehmen.

Mit typischer marokkanischer Gelassenheit und Zuversicht sagten sie:

„Du schaffst das, Kamelchen.“
„Inshallah, alles wird gut.“

Ohne die beiden wären die Vorbereitungen und Anstrengungen im letzten Jahr nicht unternommen worden und viele Erlebnisse ungelebt geblieben.

 

 

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Ausblick nächster Artikel:

Zaid

Die freundschaftliche Beziehung zu Zaid war gerade in den Zeiten meiner „deutschen Schwere“ die größte Stütze.
Zaid war es aber dann auch, der den absoluten Vertrauensbruch mit schwerwiegenden Konsequenzen beging.

Marokkanische Freundschaften

 

Freiheit…

 

Ich wollte heute nun von meinen marokkanischen Bekanntschaften in diesem Jahr zu erzählen, von meinen Freundinnen und Freunden, die mich über diese letzten Monate begleitet haben und meine „Nabelschnur“ zu Marokko waren.

Ich schaffe es nicht!

Ich komme immer wieder und unwiderruflich an den Punkt, an dem ich bei unzähligen Artikeln zuvor bereits gelandet bin (und die ich daher immer wieder verworfen habe)…

 

حرية
Freiheit…
Das zentrale Thema der Marokkaner, aber auch mein eigener Dreh- und Angelpunkt.
Das Thema, das unsere größte Gemeinsamkeit und gleichzeitig die größte Diffferenz darstellt.

 

Letztendlich ist es nicht verwunderlich, dass meine Erzählungen stets in die zentrale Frage nach Freiheit münden.

Der Wunsch und das Streben nach Freiheit nehme ich bei meinen marokkanischen Bekannten als essentiell wahr und gestaltet daher auch immer unsere Beziehung mit.

 

Ich bin die Deutsche. Deutschland ist Freiheit.
Ich kann leben, wie es mir entspricht. Und vor allem: Ich kann mir leisten, was ich will.

 

Ganz so ist es nun doch nicht. Oder etwa doch?  

So sieht jedoch das weit verbreitete Bild der Marokkaner aus, deren Leben in Marokko tatsächlich wenig mit dem unseren in Deutschland gemein hat.
Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die die Optionen der eigenen Lebensgestaltung beschränken, die Divergenz und Spannung zwischen Tradition und Moderne, die Ungleichheiten zwischen Frau und Mann, die Extreme der (absoluten) Armut und einer reichen Elite …
Diese Prozesse haben wir bereits hinter uns. Unsere Debatten beziehen sich auf Moderne und Postmoderne, sind weit von diesen rein pragmatischen Aspekten des (Über)Lebens entfernt.

 

Freiheit heißt „Ich kann…!“.

Wenn ein Marokkaner oder eine Marokkanerin sagen „Ich kann“ bezieht sich dies auf diese äußeren Rahmenbedingungen der Lebensgestaltung.
Wenn ich als privilegierte Deutsche nun sage: „Ich kann mein Leben gestalten“ erweitere ich diesen Satz um „wie es mir entspricht“. Mein Streben und Verständnis von Freiheit ist mit dem Komfort der per se gegebenen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten an Optionen um ein Vielfaches gestiegen. Ich bin an der Spitze der Maslowschen Pyramide angekommen: Der Selbstverwirklichung, dem Nachgehen meiner eigenen Bestimmung.

 

 

Freiheit ist,
meiner eigenen Bestimmung nachgehen zu können.

 

Wenn man vor der Entscheidung steht, ein Leben zu führen, das der eigenen Bestimmung entspricht, oder so weiterzuleben wie bisher, sollte man eigentlich annehmen, dass einem die Wahl leichtfällt. Aber so ist es nicht. Im Laufe der Zeit habe ich beobachtet, dass die meisten Menschen ihre Reise an diesem Punkt beenden. Sie spähen durch ein Loch im Zaun und können deutlich das Leben erkennen, das sie gerne haben würden, aber aus allen möglichen Gründen öffnen sie das Tor nicht und gehen nicht auf dieses Leben zu.

John Strelecky 2016: Das Café am Rande der Welt. Eine Erzählung über den Sinn des Lebens. Seite 125.

 

 

Bis zu meinem Marokkourlaub im Sommer 2016 hatte ich regelmäßig durch dieses Loch im Zaun gespäht.

Mitten in den Bergen des Hohen Atlas traf mich die Erkenntnis, nicht länger Beobachterin eines möglichen Lebens sein zu können, sondern dass es an der Zeit war, dieses Tor weit zu öffnen, wobei es sich bei mir weniger wie ein „Tor“, sondern ganz bodenständig wie eine Tür anfühlt…

 

 

Um Zweifeln entgegen zu wirken, die sich im deutschen Alltag einstellen würden, hielt ich engen Kontakt zu Zaid – einem marokkanischen  Freund, der mir während der Tage in Marokko die Imazighen-Kultur ans Herz gelegt hatte. Außerdem wurde ich in sämtlichen deutsch-marokkanischen Foren und Facebook-Gruppen aktiv, um mir einen Lehrer für marokkanische Sprachen zu suchen.

Und so traten Abdel, und einige Zeit später Jaouad in mein Leben…

Neben diversen Bekannten und Freunden wurden diese beiden meine liebsten Vertrauten, mit denen ich über Freiheit, über die Liebe und alles, was das Leben mit sich bringt, diskutieren kann und die mir helfen, meine Tür bis heute offen zu halten.

Tanmirt asmon d moalemino!  Tanmirt tassanu!