Wieder zurück in Deutschland…

 

 

Wieder zurück in Deutschland… Ich merke wie anstrengend die Zeit in Marokko war. So sehr ich dieses Land und seine Menschen mag, dieses Mal habe ich mich auf mein geordnetes und ruhiges Zuhause gefreut.

Es waren zu viele Eindrücke in zu wenig Tagen.  Ich beginne erst jetzt das Erlebte, mit etwas Abstand und Ruhe, in meiner vertrauten Umgebung zu begreifen.

Lasst mich meine Gedanken ordnen und euch diese in den kommenden Tagen nach und nach erzählen…

 

Marokko hat mich gefordert!

Gegen Ende meines Aufenthalts war ich tatsächlich ziemlich angespannt. Dies war mir wohl deutlich anzumerken, denn meine marokkanischen Bekannten und Freunde drängten mich zunehmend dazu, wieder zu trinken und zu essen.

Die Ursache der Angespanntheit lag jedoch weniger am Fasten an sich oder den zunehmend hohen Temperaturen (bis über 40 Grad), sondern war eher in dem ständigen Wechsel der Orte, Personen und veränderter Tagesabläufe begründet.

 

Nach den ersten drei Tagen in Marrakech ging meine Reise weiter nach Casablanca zu Abdullah. Nach zwei Tagen Aufenthalt in Casa reisten wir gemeinsam nach Fès zu seinem Bruder und dessen Frau und zuletzt zu seiner Familie in sein Heimatdorf bei Khenifra. Abdullah blieb noch einen Tag länger bei seiner Familie. Ich fuhr derweil mit dem Bus zurück zu meinen Freundinnen nach Marrakech, um mit diesen gemeinsam noch meine letzten zwei Tage meines Marokkoaufenthalts zu verbringen.

 

 

Jeden zweiten bis dritten Tag neue Situationen und Erfahrungen.

 

Neue Orte brachten neue Gastgeber mit sich, die mich jedes Mal sehr herzlich aufnahmen. Neue Personen bedeuteten aber auch, mich immer wieder auf Neue mit wenig, oft gar keiner gemeinsamen Sprache einzubringen und ständig präsent zu sein, um mir Zusammenhänge erschließen zu können und mich den Lebensgewohnheiten der Familien anzupassen.

Trotz des durch den Ramadan vorgegebenen Rahmens unterschieden sich Rhythmus und Praktiken, je nach Lebensbedingungen und Personen doch voneinander.

 

Ein eigenes Zimmer oder Rückzugsmöglichkeiten hatte ich in den Tagen selten.

Dies sind wir Europäer eher nicht gewohnt und fiel mir, die ich regelmäßig meine Auszeit vor der Welt brauche, schwer. In Marokko ist es dagegen normal, mit anderen Wohnung und Zimmer zu teilen. In der Kindheit sind es die Eltern, Geschwister und Verwandte, danach oft die Mitbewohner oder die Ehepartner.

Außerhalb der Wohnung war ich fast ständig in Begleitung Abdullahs, der auf mich achtgab. Auch das ist für eine selbstständige europäische Frau mitunter gewöhnungsbedürftig. Vor allem in Fès war er sehr besorgt um mich. Er kannte sich dort selbst nicht aus und Fès gilt – vor allem im Ramadan – als gefährliche Stadt.

 

Ramadan bringt durch die Erwartungen der Menschen und die damit verbundenen Anforderungen die Extreme im Verhalten der Menschen hervor.

 

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In der Zeit des Ramadans steigt der Druck, das dafür notwendige Geld zu besorgen. Es wird viel eingekauft und gegessen, manchmal – so wurde mir gesagt – mehr als das ganze übrige Jahr über. Es ist leicht nachvollziehbar, dass zur Beschaffung von Essen und Geld unterschiedliche Wege gegangen werden. Die Kriminalitätsrate in Fès wird generell als hoch eingestuft, im Ramadan verstärken sich kriminelle Machenschaften in Häufigkeit und Intensität. Nach dem Lftar in die Medina – die Altstadt – zu gehen, wie wir es zum Beispiel in Marrakech regelmäßig getan hatten, schien hier nicht ratsam. Meine Bekannten jedenfalls mieden die Medina, Dealer und Diebe seien hier zur Zeit des Ramadan extrem aktiv.

 

Auch Abdullah war angespannt. Ihm machte der Ramadan sehr zu schaffen. Er sagte oft: „Ramadan macht mich schwach!“ Trotzdem hatte er den Anspruch, mir möglichst viel in dieser Zeit von seinem Land und der Kultur zu zeigen. Die Ruhe, die er sich sonst während des Ramadans so weit wie möglich gegönnt hätte, fiel zumindest in den Tagen meines Aufenthalts für ihn weg. (An dieser Stelle: Tanemirt Asmonino!)

Hiervon abgesehen, war es für ihn sicherlich auch eine extreme Situation mit mir unterwegs zu sein, zumal ich mich dann doch ab und zu den sicherlich gutgemeinten Vorschlägen quer stellte.

In Fès war ich zum Beispiel so genervt von dem Faux Guide (inoffizielle, nicht erlaubte Guides), dass ich mich an einem gewissen Punkt weigerte, mit diesem weiterzugehen. Weder redete er mit mir (nur mit Abdullah), noch interessierten ihn meine bzw. unsere Vorstellungen. Ich wollte keine „Fotos, Fotos“ machen. Nachdem mich keiner der Männer wahr- oder ernstgenommen hatte, setzte ich mich einfach vor eine Tür an der Straße und weigerte mich ihnen zu folgen. Der Guide rannte aufgeregt rufend weiter, Abdullah hinterher, ich blieb sitzen. Der Guide kam gestikulierend und rufend zurück und Abdullah stand unschlüssig zwischen uns, sichtlich hin und her gerissen, was er tun sollte. Letztendlich kam er zu mir zurück – er konnte mich ja schlecht alleine lassen – und der Guide war – Gott sei Dank – verschwunden.

Immer hinter Männern her zu gehen, nicht in Pläne oder Entscheidungen einbezogen zu werden, für manche Frauen Normalität in Marokko? Ich habe dies in Marokko bisher so nicht beobachten können.

Ich denke eher, dass das Verhalten Abdullahs und der Faux Guides mir gegenüber der Tatsache entspringt, dass ich, die Ausländerin, als naiv und leichtgläubig oder unselbstständig wahrgenommen werde. Je nach Intention fallen die Verhaltensweisen dann eben unterschiedlich aus…

 

Fès ist eine wunderschöne Stadt, die ich auf jeden Fall außerhalb des Ramadans in meinem Tempo erkunden werde.

Ich hatte interessante Begegnungen, von denen ich sicherlich noch an anderer Stelle erzählen werde.

 

Der Aufenthalt in Fès war – so schön die Stadt ist – sehr anstrengend für uns beide.  Wir beschlossen daher, nicht nach Meknes weiterzufahren, sondern direkt zu Abdullahs Familie ins Dorf zu reisen…