Marokkanische Freundschaften…

صداقة

Es ist nun ziemlich genau ein Jahr her,

dass ich das erste Mal in Marokko war. Und fast zeitgleich gratulierte mir Facebook zu meinen beiden einjährigen Freundschaften mit Zaid und Abdel.

Ich rechne nach und stelle fest, dass im Laufe der nächsten Zeit weitere Gratulationen zu hinzu kommen müssten.

Tatsächlich sind diese Bekanntschaften und Freundschaften nicht nur über Facebook geknüpfte, sondern ganz reale Beziehungen. Wir hatten in diesem Jahr viele Gespräche, es gab Treffen und gemeinsame Erlebnisse

Diese Freundschaften haben sich sehr unterschiedlich und jede einzelne von ihnen auf eine ganz andere Weise als erwartet entwickelt.

 

In vielen Reiseführern heißt es, dass Freundschaft zwischen nicht gleichgeschlechtlichen Partnern nahezu unmöglich sei. Ich habe auch gelesen, dass ein marokkanischer Mann mit einer europäischen Frau definitiv nicht befreundet sein will, sondern diese Beziehung aus anderen Gedanken, meist mit einer großen Portion Eigennutz verfolgt.
Tatsächlich sind Bekanntschaften, auch „Freundschaften“,  sicherlich oft mit Hintergedanken der Männer verbunden. Europäische Frauen werden auf Darija – dem marokkanischen Arabisch – oft als „wandelnde Papiere“ bezeichnet… Das Ziel Europa, Deutschland vorneweg, ist ein Traum, den sehr viele um fast jeden Preis verwirklichen und erreichen wollen.

Wenn ich hier von Männern schreibe, nimmt dies die Frauen übrigens nicht aus.

Meine Erfahrungen mit meinen marokkanischen Freundinnen sind ebenso wie die der Männer mitunter verwirrend und von ähnlichen Fragen gespickt.

Prinzipiell sind es jedoch die Männer, mit denen die Touristen in Kontakt sind und daher ihre Pläne wesentlich offensiver verfolgen.

Trotz dieser Umstände behaupte ich,
dass Freundschaften weder „unmöglich“ noch unerwünscht sind!

 

Es ist schwierig und oft voll an Missverständnissen. Doch auch die marokkanische Kultur verändert sich. Marokko ist für ein arabisches Land relativ liberal und wird – so mein Eindruck aus Gesprächen und Diskussionen – zunehmend moderner. Viele haben im Ausland studiert oder gearbeitet und erweiterte Ansichten mit nach Marokko und ihre Kultur gebracht. Und der Gedanke von Freundschaft ist doch in jeder Kultur aktuell, oder nicht?

Was man außerdem auf keinen Fall vergessen sollte und dieses Land und seine Menschen ausmacht, ist  die Neugierde und Offenheit der Marokkaner gegenüber anderen Menschen.

„Wie geht es Ihnen? Woher kommen Sie? Wie gefällt es Ihnen hier? …“ ist Standard und führt bei beidseitigem Interesse unkompliziert zu Gesprächen und nicht selten zu Einladungen und weiteren Treffen.

Und genau solche Begegnungen sind es doch, die den Beginn einer Freundschaft und tieferer Beziehungen darstellen können. Aber genaus solche Begegnungen sind es auch, die Enttäuschung oder sogar Verrat beinhalten.

Diese Begegnungen sind jedoch immer eines ganz gewiss:

                                                                                   Sie sind der Anfang von Geschichten…

 

 

 

 

4 Replies to “Marokkanische Freundschaften…”

  1. Hallo Namensvetterin,

    ich würde gerne mehr über Deine Freundschaften mit Marokkanern erfahren, was Dich verwirrt, wo Du die Unterschiede zu einer deutsch-deutschen Freundschaft siehst etc.

    Auch ich habe davon gelesen, dass Freundschaften zwischen einem marokkanischen Mann und einer Frau so gut wie nicht existieren, doch es gibt immer Ausnahmen. Zum Beispiel A. und mich. Wir lernten uns mit 18 Jahren in einem Schülerwohnheim in Frankreich kennen und sind seit mittlerweile 20 Jahren befreundet. Für mich ist diese Freundschaft ein rarer Schatz, den es zu bewahren gilt; ein Quell der Dankbarkeit und Freude, dass so eine Beziehung trotz unterschiedlichen Geschlechts, Religion und Kultur möglich ist.

    Noch kurz zu mir: Marokko hat mich schon vor vielen Jahren in Bann gezogen und alle paar Jahre mache ich mich auf, um dorthin zu reisen – im November wird es wieder so weit sein! 🙂

    Herzliche Grüße

    Stefanie

    1. Hallo Stefanie.:-)

      Von einer Freundin oder einem Freund erwarte ich, dass Dinge, die ich ihr vertraulich erzähle, bei ihr/ihm bleiben. Bei all meinen marokkansichen Bekannten, egal ob sie sich „Freund“ oder „Schwester“ nannten, war das immer ein Thema, das zu Konflikten geführt hat.
      Zum Beispiel Zaid (die Namen und manche Umstände vefremde ich hier im Blog): Ich war unglücklich verliebt und verzweifelt und habe mich an ihn gewandt. Ich wollte es einfach erzählen, wusste nicht ein noch aus. Bis zu diesem Zeitpunkt war er es gewesen, der mir seine Probleme mit seiner deutschen Freundin erzählte. Das erste was er gemacht hat – trotz seines Versprechens, dass es bei ihm bleibt – war, das was ich ihm anvertraut hatte, der Familie meines damaligen Freundes zu erzählen.
      Und du weißt sicherlich, dass das Schlimmstes was einem Marokkaner passieren kann, ist, dass seine Familie Dinge über ihn erfährt, die ihn in Schande oder eine schlechtes Licht bringen. Zaid hatte damals etwas in Gang gesetzt, was mehrere Leben gravierend – und zwar nicht zum Guten – verändert hat.
      Zaid bestreitet, dies der Familie erzählt zu haben.
      Damals habe ich mich gefragt, ob „Freundschaft“ zwischen Mann und Frau einfach und tatsächlich nicht gleichberechtigt ist. Hat der Mann die Rolle, in welcher Abischt auch immer, sich eigenmächtig über freundschaftliche Absprachen und Grenzen hinwegzusetzen? Weil er meint, es besser zu wissen?
      Ein anderer Freund (ebenfalls Afrikaner, aber kein Marokkaner) sagte: „Das war einfach nur ein Arschloch. Es ist ein No Go, es der Familie zu sagen. Er weiß, was er damit anrichten kann.“

      Das ist eine von vielen Erfahrungen, bei denen ich mich Frage: Ist es (nur) die Person? Ist es (auch) Kultur?

      LG auch Stefanie 🙂

      1. Hallo Stefanie,
        ich kann dir in sofern berichten, als dass es Freundschaft zwischen Mann und Frau in Marokko (mittlerweile) doch gibt. Mein Mann kommt aus Sefrou und hat mehrere gute Freundinnen dort. Er kennt diese Frauen schon seit Jahren und sie haben sich (vor meiner Zeit) auch über Sorgen und Probleme berichtet. Auch ich habe in Marokko Freundschaft zu Freunden meines Mannes aufgebaut. Natürlich würde ich nie hergehen und mit diesen über Beziehungsprobleme sprechen. Das möchte ich ja von meinem Partner auch nicht und es ist etwas, was den Marokkanern heilig ist. Das was ich mit meinem Mann habe, soll nicht nach außen dringen. Ansonsten sind die Freundschaften in Marokko untereinander oft geprägt von Neid. Die Menschen leben dort in schwierigen Verhältnissen und man gönnt es den anderen nicht, Glück zu haben. Da sind die schon oft sehr einfallsreich in ihren Versuchen, das Glück der anderen zu zerstören. Die Geschichte von Zaid, der mit der Familie deines Freundes sprach, erinnert mich daran
        LG Alex

        1. Danke Alex. Ja, Neid könnte eine Rolle spielen. Mit einer Freundin war es ähnlich. Auch da ging es – glaube ich – um mein deutsches Leben und den Vorstellungen, die damit verbunden sind.

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